Für mich sind Safewords zweischneidig (damit meine ich auch das Ampelsystem oder Zahlen von 1-10 oder sonst was). Natürlich führen sie zu einem subjektiven Gefühl der Sicherheit und zwar auf beiden Seiten. Bottom weiss: wenns zuviel wird, kann ich das Wort sagen und alles ist gut. Und Top weiss: wenn ich zu weit gehe, kann Bottom ja das Wort sagen. Nur ist es objektiv betrachtet gar nicht so einfach, wie es sich zuerst darstellt.
Einerseits bedeutet Schmerz für den Körper immer Stress und hat auch psychische Auswirkungen. Ähnlich wie in anderen psychisch belastenden Situationen kann es also sein, dass man nicht in der Lage ist, rational auf Reize zu reagieren. Im Gegenteil befindet man sich ja in einer Situation, wo man versucht, die übliche Raktion auf Schmerz zu unterbinden und ihn zu geniessen. Es ist also alles andere als gesagt, dass Bottom was sagt, wenns tatsächlich zu weit geht. Manchmal kann Bottom noch nicht mal mehr selbst beurteilen, obs zu weit geht. Dazu kommt, dass man das Wort auch schlicht vergessen kann. Oder dass man vergisst, eins zu haben. Und das ist nicht nur bei heftigen Sessions der Fall, sondern kann auch schon bei sanfterem Vorgehen passieren.
Andererseits sehe ich auch die Gefahr, dass Top sich durch das Safeword in falscher Sicherheit wiegen könnte. Denn wenn das Gegenüber auch was sagen könnte, dann muss man ja selbst nicht mehr so gut gucken. Natürlich wird das ein verantwortungsbewusster Mensch (und davon gehe ich bei den Teilnehmenden hier aus) niemals willentlich so tun. Aber es dürfte gerade für Anfänger schwierig sein, sich zwar vor Augen zu halten, dass es in Ordnung ist zu tun, was man tut, weil es ja das Wort gibt - und gleichzeitig sich nicht darauf verlassen zu können.
Ich will mich auf keinen Fall gegen Safewords aussprechen und finde es wichtig, eins zu vereinbaren, wenn eine Seite (Top oder Bottom) das so wünscht. Aber ich sehe auch absolut kein Problem, wenn man sich gegen ein Wort entscheidet. Wichtig ist, dass man auf jeden Fall im Voraus drüber redet und sich entscheidet. Gerade wenn Anfänger involviert sind, finde ich eine kontinuierliche verbale Kommunikation während der Session sehr wichtig. Viel wichtiger als ein Safeword, aus oben genannten Gründen.
Persönlich mag ich es sehr, ohne Möglichkeit, es zu beenden, geschlagen zu werden. Es gibt mir einen zusätzlichen Kick, zu wissen, dass es alleine von Top abhängt, wie weit es geht und wieviel ich noch aushalten muss. Allerdings vertraue ich dabei darauf, dass Top auch regelmässig kontrolliert, wie es um mich steht und aufhört, wenn es wirklich genug war. Ich selbst wäre auch mit Safeword schlicht nicht in der Lage, das zu beurteilen - ich würde es also entweder gar nicht sagen oder zu einem willkürlichen und unpassenden Zeitpunkt. Sollte wirklich etwas nicht in Ordnung sein, kann man sich immer ohne Safeword auch verständlich machen. Im Notfall indem man Dinge tut oder sagt, die einfach offensichtlich auf ein Problem hindeuten.
Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich echt ein Masochist bin und es noch nie gesagt hätte. Ausserdem würde ich das nie mit einem Menschen so tun, den ich gerade eben im Club kennengelernt habe.